Jana E. Hentzschel
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Hase und Igel – ein Ostermärchen

Der Osterhase ist sehr froh.
Er sitzt beschäftigt im Büro
und listet, ordnet für den Tag,
den er nun mal am liebsten mag.
 
Es läuft auch alles ganz nach Plan;
Probleme keine – momentan.
Die Hühner legen fleißig Eier.
Die Hasen färben für die Feier
und jedes Ei wird hübsch verziert,
im Lager dann noch adressiert.
 
Doch plötzlich stürmt ein Häschen rein:
„Es ist … Oje! … Oh Gott! … Oh nein!“
Die langen Ohren hängen schlapp,
die erste Träne rollt hinab.
„Was ist passiert, mein lieber Pierre?“
„Wir haben keine Farbe mehr.“

„Bestellt doch was bei Amazon.“
„Das haben wir natürlich schon.
Doch ist ein Poststreik voll im Gange
und wirklich keiner weiß, wie lange.“

„Dann stell‘n wir selber welche her.“
„Das schaffen zeitlich wir nicht mehr.“

„Ist nichts mehr da? Weißt du‘s genau?“
„Nur etwas Rot und etwas Blau.“

„Verdammt noch mal, ich kann doch nicht …“
Doch dann erhellt sich sein Gesicht:
„Aprilscherz, ja? Ich habe recht!?“
„Kein Scherz, nein, nein! Oh, mir ist schlecht.“

Der Osterhase zeigt mit Groll,
dass Häschen sofort gehen soll.
Er greift zum Handy und ruft an –
zuerst den Kumpel Weihnachtsmann.
Der lässt sich‘s gutgehen auf Hawaii,
hat keinen Sinn fürs Osterei.

Frau Holle und der Nikolaus,
die helfen ihm da auch nicht aus.

Frustriert verlässt er sein Büro
und geht zunächst ins Ei-Depot.
Der Blick dann in die Malfabrik
macht hoffnungslos im Augenblick.

Nun läuft er durch den Osterwald;
es ist recht warm, doch ihm ist kalt.

Er trifft Bekannte bei dem Lauf –
und einer sieht, dass er schlecht drauf.
„Hey Osterhase, was ist los?“
„Hey Igel, meine Not ist groß.

Ich bin blamiert bis auf die Knochen.
Das Osterfest ist in drei Wochen,
doch bunte Eier wird’s nicht geben,
wir könnten höchstens sie bekleben,
bemalen aber geht nicht mehr,
die Farbbehälter … alle leer.“

„Oh, das ist schlecht. Versteh die Laune.
Doch hör mir zu und staune.
Ich kann dir Farbe wohl besorgen –
und wenn du willst sogar bis morgen.“

„Das kannst du wirklich? Ist das wahr?
Das wär fantastisch, wunderbar!“
„Das kann ich, ja; doch will was haben.
Ein Praktikum für meinen Knaben.“

„Als Mitarbeiter Igelnasen?
Wir hatten hier bislang nur Hasen.“
„Die Hühner sind doch auch dabei.
Du hättest ohne sie kein Ei.“

„Das stimmt. Na gut, so sei es nun.
Sag also mir, was soll ich tun?“
„Bei Sonnenaufgang hinterm Hain;
bring Eimer mit und Helferlein.“

So liefen tags darauf fünf Hasen
gemeinsam mit zwei Igelnasen.
Die Frau vom Igel geht voran,
weil sie mit Wolken sprechen kann.

Den Berg nach kurzem Marsch erklommen,
da pfeift sie laut und Wolken kommen.

Die erste Wolke fliegt ganz dicht.
Die Frau vom Igel leise spricht.
Die Wolke haucht etwas zurück …
und dann geschieht ein Osterglück.

Es kommen Wolken, dunkel, schwer;
schon tröpfelt‘s leicht, dann etwas mehr,
bis erstes, helles Sonnenlicht
sich einen Spalt durchs Dunkel bricht.

Und so entsteht sehr farbenfroh
ein Bogen überm Bergplateau.
„Nun stellt die Eimer schnell bereit,
wir haben jetzt nicht sehr viel Zeit“,
spricht unser Igel und läuft los –
den Bogen rauf, paar Meter bloß.
Dann macht er flugs sich kugelrund
und rollt zurück auf Bergesgrund.

Die spitzen Stacheln piksten tief.
Nun laufen Farben intensiv
in die gestellten Eimer rein;
sie leuchten dort im schönsten Schein.

Der Osterhase ist beglückt.
Er vorsichtig Frau Igel drückt
und auch Herrn Igel herzlich dankt,
weil er mit Farbe ihn betankt.

„Und schicke deinen Sohn zu mir,
ich mach aus ihm ein Ostertier.“

***

© Jana E. Hentzschel